2. Übersetzungsstrategien von Allusionen in Márais Bekenntnisse eines Bürgers

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An einigen Beispielen aus Sándor Márais Egy polgár vallomásai1 (Bekenntnisse eines Bürgers, übersetzt von Hans Skirecki2) möchte ich die Übersetzungsstrategien und die Übersetzbarkeit schlechthin von Formen der elliptischen Verständigung über kulturelle Sachverhalte, der Allusionen, darstellen.

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Márais Bekenntnisse steht in der Tradition der Bildungs- und Entwicklungsromane und erzählt in Ich-Form die Kinder- und Jugendjahre des angehenden Schriftstellers: das Leben einer deutschstämmigen, aber allmählich zur Dominanz der ungarischen Sprache und Kultur wechselnden bürgerlichen Familie im Kaschau der Monarchie, in einer vertrauten, jedoch nicht immer unproblematischen ‚zwischenkulturellen‘ Atmosphäre. Im Roman geht es um „Betrachtungen der historisch-sozial-kulturellen Entwicklung des (europäischen) Bürgers und des Bürgertums, die durch das Trauma des Ersten Weltkriegs, des Zerfalls der k.u.k.-Monarchie und der politischen Wirrnisse der Zwischenkriegszeit […] unwiederbringlich zu Ende ging“.3 Als junger Erwachsener verlässt der Ich-Erzähler Márai seine Heimatstadt für immer und das zerfallene Land für lange Zeit, um in europäischen Ländern, in Deutschland, dann in Frankreich, Fuß zu fassen. Nach mehreren Jahren kehrt er nach Ungarn, Budapest zurück, weil er ein ungarischer Schriftsteller werden will, um Kultur und Lebensform seiner Klasse, des Bürgertums, zu bewahren.

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Da der Protagonist in seinen Lebensstationen mehrere Kulturgemeinschaften sowie zwischenkulturelle Situationen erlebt, enthält der Text Allusionen auf die ungarische, deutsche, slowakische, französische und englische Kultur. Meine Studie konzentriert sich vorwiegend auf die Übertragung der Referenzen auf ungarische Kulturinhalte.

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Einen komplexen Allusionsbereich bildet das Wort „Gentry“, das für die ungarischsprachige Kommunikationsgesellschaft aufgrund erworbener historisch-kultureller und literarischer Bildungsinhalte reichhaltige Assoziationspotentiale bietet. Im Roman kommt der Begriff zuerst im Zusammenhang mit dem Direktor der kleinen Bank im Haus der Familie vor. Im Original heißt es:
 

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„A bankot ‚Endre bátyám’ igazgatta, nagyon sok eréllyel és buzgalommal. Endre bátyám országos nevű családból származott, jogot végzett, mint akkoriban az egész nemzedék, amely ‚szabad pályán’ keresett boldogulást, s nem érte be a megyei, városi szamárlétrával. A dzsentriosztálynak ezt a lateinereskedő életszakát gyermekkoromban közelről láttam, s később úgy vettem észre, hamisan emlékezik meg erről az időről a kortárs irodalom.“4
 
„Der Bank stand ‚Herr Onkel Endre‘ vor, überaus energisch und eifrig. Herr Onkel Endre entstammte einer weithin bekannten Familie, er hatte Jura studiert wie seinerzeit die gesamte Generation, die ‚in freier Laufbahn‘ ihr Auskommen suchte und sich nicht mit der Eselsleiter des Komitats oder der Stadt begnügte. Als Kind sah ich diesen bildungsbeflissenen Ausschnitt der Gentryklasse aus der Nähe, und später fiel mir auf, daß die zeitgenössische Literatur sich falsch an diese Epoche und ihre Gestalten erinnert.“5
 

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Der Ausdruck „Endre bátyám“ evoziert das zur Zeit Márais schon im herabsetzenden Ton verwendete Wort urambátyám, das ursprünglich eine höfliche Anredeform besonders in der Gentryklasse war, aber später eine negative Konnotation erhielt und in Zusammensetzungen wie urambátyám-világ, urambátyám-politika eine spätfeudale, korrupte, auf Verwandtschaftsbeziehungen gründende Verhaltensweise bezeichnete. Treffend drückt das die Übersetzung aus: ‚Herr Onkel Endre‘, wobei das Anführungszeichen den Ausdruck mit Verweis auf bestimmte kulturelle Kontexte noch stärker als ‚Fremdkörper‘ identifiziert. Und selbst wenn der deutsche Leser eventuell nur die Grundbedeutung des englischen „Gentry“ (niederer Adel) kennt und die ungarischen Spezifika6 weniger oder kaum, selbst dann gibt uns der Text darüber Auskunft, obwohl der Protagonist, ‚Herr Onkel Endre‘, eher einen Gegentyp des Gentrys darstellt.
 

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„Endre bátyám lelkesen szánta magát a bankpályára, amely testétől, lelkétől idegen volt, lelkiismeretesen betartotta a hivatalos órákat, s egyáltalán nem emlékeztetett arra a vidéki, vadászó, kaszinózó, uraskodó hivatalnoktípusra, aki éjféltájban fogadja el, ferbli közben, a kaszinópajtás váltóját.”7
 
„Herr Onkel Endre gab sich der Banklaufbahn mit Enthusiasmus hin, obgleich sie ihm physisch und psychisch fremd war; er hielt die Dienststunden gewissenhaft ein und erinnerte in nichts an die provinziellen, auf Jagd, Kasino und Herrschaftlichkeit versessenen Beamten, die gegen Mitternacht beim Färblispiel den Wechsel des Kasinokumpanen entgegennehmen.“8
 

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Der ungarische Text nimmt den Verweis auf die zeitgenössische Literatur über das Gentry-Thema noch einmal auf und konkretisiert ihn mit Hilfe einer Allusion des Typs ‚Literatur in der Literatur‘. Referiert wird auf den Protagonisten eines der bekanntesten Gentry-Romane von Kálmán Mikszáth, den „könnyelmű Noszty fiú“ [der leichtsinnige Noszty-Junge, Übersetzung von G. R.], „édes pajtikám“ [mein süßes Kumpelchen, Übersetzung von G. R.].9
 

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„Endre bátyám csak arra vigyázott, hogy minden kölcsönnél szigorúan betartsák a hivatalnokok a ‚bankszerű feltételeket’. Úgy érzem, mi sem lenne könnyebb és hálásabb, mint megrajzolni azt a vidéki takarékpénztári igazgatót, aki […] a könnyelmű Noszty-fiúnak, az ‚édes pajtikám’-nak derűre-borúra megszavazza a kölcsönöket. Sárosban, Zemplénben talán előfordult ilyen alak, a mi városunkban, ebben a szigorú hivatalnokvárosban nem maradhatott volna meg. Endre bátyám, a ‚bankigazgató’ minden reggel percre érkezett hivatalába.“10
 

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Diese konkrete intertextuelle Bezugnahme fehlt in der deutschen Übersetzung völlig – bis zu literarischen Figuren und Zitaten reichende Kenntnisse der ungarischen Literatur setzt der Übersetzer beim deutschen Publikum mit Recht nicht voraus: „Herr Onkel Endre paßte nur auf, daß die Angestellten bei jedem Darlehen die ‚banküblichen Bedingungen‘ einhielten. Pünktlich auf die Minute kam er allmorgendlich ins Büro.“11 Im Zusammenhang mit der Gentry-Thematik erwähnt der Ich-Erzähler noch seinen Onkel: „Meines Vaters jüngerer Brüder litt darunter, dass er trotz aller Anerkennung mit seiner sächsischen Herkunft, seinem deutsch klingenden Namen und seinem österreichischen Adelstitel nicht völlig bedingungslos zu der großen ‚Familie‘ gehörte, die das Gentry-Ungarn am Ende des Jahrhunderts bildete.“12

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Die Übersetzung lässt dann einen Satz weg, der im Originalen von einer ‚ausgebrochenen Gentry-Krankheit‘ beim Onkel sinniert.
 

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„Apám öccse bizonytalanul, kínlódva érezte, hogy hiába fogadják be, hasztalan ismerik el, szász eredetével, németes nevével, osztrák nemességével mégsem tartozik egészen, feltétlenül ahhoz a nagy ‚család’-hoz, ami a dzsentri Magyarország volt a század végén. Ha élt a családban valaki, akin ideig-óráig észlelhetően kitörtek a magyar dzsentrinyavalyák, úgy ő volt az.” [Hervorhebung von G. R.]13
 

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Übertragen wird später aber, worin diese „Krankheit“ bestand: in der Sammlung von Familiendokumenten, im Entwerfen eines „Adelswappens“ der Familie. Doch zeigt das Schicksal dieses Onkels, dass er eine gespaltene Persönlichkeit war, der die „Komitatsgesellschaft“ mied und lieber „Eisenbahnstrecken und Tunnel in Bosnien“ baute. Auf die Ambivalenz in seinem Charakter, deren Grund war, dass er sich „zwischen den Klassen“ nicht zurechtfand, wird mit zwei literarischen Allusionen verwiesen, von denen jedoch nur die eine in der deutschen Fassung Eingang fand. Als Junggeselle lebte er „wie ein französischer Romanheld“, dann aber „heiratete er ein zartes und stilles Mädchen aus dem Komitat Nógrád, Abkömmling des größten ungarischen Dramenschreibers“.14 Der Originaltext lautet:
 

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„[…] finom és csendes Nógrád megyei lányt vett el, a legnagyobb klasszikus magyar drámaíró leszármazottját, s gyermekkoromban több nyarat töltöttem az irodalomtörténeti hírű nógrádi kastélyban és parkban, ahol az ős, e nyugtalan lelkű, s férfikora alkonyán félőrült magyar zseni drámai költeményének sorait skandálta.“15
 

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Während der deutsche Satz für die deutschsprachigen Leser bloß eine näher nicht bestimmte, trockene Information über eine „literarische Verwandtschaft“ zwischen dem Ich-Erzähler und einem namenlosen, womöglich aber wichtigen ungarischen Schriftsteller bietet, aktiviert diese mittelbare Referenz im ungarischen Leser ausnahmslos mindestens sein Abiturwissen über Imre Madách und dessen Tragödie des Menschen. Erst dadurch wird die Funktion der literarischen Allusion klar: Zwischen dem „halb-wahnsinnigen“ Schriftsteller-Genie und dem verbitterten, nervösen, gespaltenen Charakter des Onkels besteht eine Korrespondenz. Das ist das Streben nach Harmonie zwischen Ungarntum und europäischem Bürgertum, Ost und West, und die unendliche Suche nach dem Sinn, dem Ziel des Lebens bei Bewusstmachung der existentiellen Einsamkeit – wie es im monumentalen Ideendrama Die Tragödie des Menschen zum Ausdruck kommt. Diese Gedanken formuliert Márai schon 1923 in einem deutschsprachigen Beitrag der Frankfurter Zeitung mit dem Titel „Einsamer Madách“.16

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Zur Charakterisierung und Typisierung von gesellschaftlichen Schichten und Figuren kommen Allusionen auf literarische Gestalten ebenfalls mehrmals vor, zum Beispiel: „[…] tizenöt rendőr ügyelt a polgári élet békéjére, tizenöt öreg, kövér Mihaszna András.“17 Und: „A házmester olyan rangos, rámás csizmás, hegyesre pedrett bajuszú magyar hajdú volt, mintha Jankó János rajzolta volna remekbe.“18 Beide Zitate verweisen auf die satirische Zeitschrift Borsszem Jankó (ursprünglich der Märchenheld Daumenlanger Hans), die zwischen 1868 und 1918, dem Ausgleich und dem Zusammenbruch der Monarchie, mit ihren Karikaturen die typischen Charaktere und Verhältnisse der damaligen Gesellschaft parodierte. Eine solche Figur war der königliche Polizist „Mihaszna András fővárosi m. k. rendőr“, dessen Losung war: „mert röndnek muszáj lennyi!“ (in „wertfreier“ Übersetzung: Ordnung muss sein). János Jankó war der Zeichner der Figuren von Borsszem Jankó.19

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Bei beiden Allusionen hat der Übersetzer die Strategie der Generalisierung gewählt: Für „tizenöt öreg, kövér Mihaszna András“ steht nach der Bedeutung des Familiennamens der Zeitschriftenfigur „fünfzehn alte, dicke Nichtsnutze“20 und auch statt des für das deutschsprachige Publikum nichtssagenden Zeichnernamens verwendet er eine neutrale, verallgemeinernde Wendung: „Der Hausmeister war ein ungarischer Heiduck, wie er im Buche stand [Hervorhebung von G. R.], großspurig, mit spitz gezwirbeltem Schnurrbart.“21

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Einfacher hat es der Übersetzer, wenn der Referenzindikator eine Gestalt der europäischen Literatur ist, weil ein solcher auf gemeinsame, transnationale Kulturinhalte verweist und dadurch ohne Bedenken beibehalten werden kann, wie es in vorliegenden Beispielen sichtbar wird: „[…] anyai nagyapám például kisvárosi Falstaff volt, híres, jókedvű sörkumpán és törzsasztal-gavallér.“22 „Mein Großvater mütterlicherseits zum Beispiel war ein kleinstädtischer Falstaff, ein berühmter, vergnügter Bierkumpan und Stammtischkavalier.“23 Onkel Béni, Juraprofessor und Universitätsrektor in Pest, wird sogar mit einem Kunstzitat, intermedial charakterisiert: „[…] valamilyen faragott íróasztalnál ült, kövéren és hatalmasan, és – nem tudom, miért? – úgy hatott reám, mint VIII. Henrik angol király a Holbein festette képen.“24 – „[…] er saß hinter einem gedrechselten Schreibtisch, dick und mächtig, und wirkte auf mich – ich weiß nicht, warum – wie der englische König Heinrich VIII. auf Holbeins Bild.“25

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Außer diesen Beispielen kommen im Text zahlreiche Bezugnahmen auf deutsche, französische usw. kulturelle Inhalte und Bildungsgüter vor, die ohne jegliche Veränderung übertragen werden; so zum Beispiel bei der Vorstellung der Bibliothek der Familie, die sowohl deutschsprachige als auch ungarische Titel aufweist. Hierbei ist es eher in der ungarischen Fassung auffallend, dass der Erzähler die Titel deutscher Dichtung scheinbar beliebig entweder im deutschsprachigen Original oder in ungarischer Übersetzung abwechselnd aneinanderreiht. Doch darüber entscheidet der Bekanntheitsgrad und die Beliebtheit des jeweiligen literarischen Textes in der ungarischen Kulturgemeinschaft: Schillers Die Glocke oder Goethes Wandrers Nachtlied haben sich zu jener Zeit in den literarischen Kanon des Bildungsbürgertums beinahe selbstverständlich (durch ihre Übersetzung als ‚ungarischsprachige‘ Gedichte) integriert. So stellt der Erzähler die Bibliothek seiner Mutter vor:
 

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„Kedvenc írója volt Rudolf Herzog, s kedvenc könyve ennek az írónak Das grosse Heimweh című regénye. Sárga bőrben, két kötetben, díszhelyen állott Freytag Soll und Habenje, aztán néhány kötet Schiller. Goethét a polgári könyvtárak nem kedvelték. […] Schiller már inkább hozzátartozott a könyvtárhoz, különösen a Haramiák és az Ármány és szerelem kötetei, no meg A harang egyik díszes kiadása. […] Nem hiszem, hogy a századvégi polgár sok egyebet olvasott volna Goethétől, mint a Hermann und Dorothea néhány énekét az iskolában, s később A vándor éji dalát.“26
 

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In der deutschen Fassung kennzeichnet der Übersetzer diese Differenz fast durchgehend konsequent durch eine typographische Unterscheidung der Werktitel, wodurch die ‚Fremdkörper‘ des ungarischen Textes auch im deutschen visuell von ihrer Umgebung abweichen.
 

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„Ihr Lieblingsschriftsteller war Rudolf Herzog, ihr Lieblingsbuch sein Roman ‚Das grosse Heimweh‘. Auf dem Ehrenplatz, in gelbem Leder, Freytags ‚Soll und Haben‘ in zwei Bänden, dann einige Bände Schiller. Goethe war in den bürgerlichen Bibliotheken nicht beliebt. […] Schiller gehörte da schon eher her, besonders die ‚Räuber‘ und ‚Kabale und Liebe‘, ja und auch eine Prachtausgabe der ‚Glocke‘. […] Ich glaube nicht, dass die Bürger des ausgehenden Jahrhunderts von Goethe mehr gelesen hatten als einiges aus ‚Hermann und Dorothea‘ und später ‚Wandrers Nachtlied‘.“27
 

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Doch wie geht der Übersetzer mit den ungarischen Titeln um? Buchtitel werden nur sehr mangelhaft übersetzt und die differenzierte und detaillierte Aufzählung der Bücher, die der Ich-Erzähler als Kind im Antiquariat zum Verkauf feilbot, schrumpft in der deutschen Fassung auf einige Exemplare von Jókai.
 

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„A Jókai-köteteket nem léhaságból vagy prédavágyból cipeltük az antikváriushoz – évekig vajúdtam, mire rászántam magam A kőszívű ember fiainak vagy az Egy magyar nábobnak értékesítésére. […] Az egyes remekművek, mint Az új földesúr vagy Az arany ember, s főként A lélekidomár, mint időtálló, fémjelzett értékek díszelegtek az ódondász árfolyamlistáján […]; Rab Rábyért nem adott többet három hatosnál, a Politikai divatokat két hatosra becsülte […]. Tömörkényt, Gárdonyit, Herczeget sem vásárolt szívesen, sőt csodálatosképpen Mikszáthot sem szívelte.“28
 

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In der deutschen Übertragung: „Wir trugen die Jókai-Bände nicht aus Liederlichkeit oder Beutegier zu ihm – ich marterte mich jahrelang, bis ich mich entschloss, ‚Die Baradlays‘ oder ‚Ein ungarischer Nabob‘ wegzugeben.“29 Der Verweis auf die ganze moderne ungarische Literatur mit durchaus bekannten Namen wurde ebenfalls, wahrscheinlich wegen der fehlenden Resonanzbereitschaft, weggelassen: Móricz, Karinthy, Ady, Kosztolányi, Babits.30 Hingegen werden weniger maßgebliche und für das deutsche Publikum garantiert unbekannte Journalisten und Schriftsteller wie Hoitsy Pál, Pekár Gyula (in der deutschen Fassung nur Hoitsy und Pekár) oder Gyula Werner namentlich übernommen.31

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Dieser kleine Ausschnitt mag vielleicht gezeigt haben, dass die deutsche Übersetzung eine tiefere Schicht der ungarischen Kultur nicht wiedergeben wollte und/oder konnte. Die Übersetzungsstrategie war meistens das Weglassen von längeren Textpassagen. Es hat sich bewiesen, dass Allusionen in der Tat eine ziemlich dichte ‚Kulturbarriere‘ bilden, die sich in erster Linie nicht unbedingt aus der Übersetzbarkeit kultureller Allusionen ergibt, sondern daraus, dass die gemeinsamen Erfahrungen und Kenntnisse zwischen Autor/Text und Rezipienten unterschiedlicher Kulturgemeinschaften fehlen. Es wurde auch sichtbar, dass das wichtigste Kriterium für die Übersetzungsstrategie der Bekanntheitsgrad einer Allusion ist.

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Koppenfels stellt fest, dass die literarische Übersetzung wegen ihrer sprachlichen und historisch-kulturellen Differenz zu ihrem ‚Prätext‘ zwangsläufig immer Bedeutungsverluste erleiden muss. Die Bedeutungsverluste können jedoch durch eigensprachliche poetische Eigenleistung kompensiert werden. Intertextualität schlechthin ist durch eine ästhetisch prägende Spannung zur Textvorlage ausgezeichnet. Übersetzung als Intertextualität schwankt demnach zwischen Nachbildung und ästhetischem Spannungsverhältnis, zwischen Reproduktion und Produktion, „ästhetischer Energie“.32

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Doch wie verändert eine solche Übersetzungsstrategie – in Márais Bekenntnisse die Strategie des Weglassens – produktiv und intentionell die Vorlage? Nach einem ersten Zugang nehme ich an, dass Skirecki dadurch den Schwerpunkt etwas auf die „Begegnungen mit anderen europäischen Kulturen“ verlagert, welche der Protagonist „zum eigenen Bildungs- und Kulturverständnis verwertet“33, und bei welchen das Lesepublikum eine größere ‚Allusionskompetenz‘ haben mag. Andererseits verkörpert möglicherweise die aus ungarischer Perspektive ‚wertfreie‘ und beliebige Auswahl der Referenzindikatoren bei der Übersetzung die Optik des Protagonisten, eine „Entgrenzung“ der Kulturen, die er schon als Kind und dann auf den Reisen erlebt hat.34
 
1 Márai, Sándor: Egy polgár vallomásai I–II. Akadémiai–Helikon: Budapest 1990.
2 Márai, Sándor: Bekenntnisse eines Bürgers. Erinnerungen. Aus dem Ungarischen von Hans Skirecki. Piper: München 2000.
3 Magdolna Orosz: „Fremd und seltsam heimisch“. Interkulturalität und die Reflexion von Eigenem und Fremdem. In: Gabriella Rácz – Klaus Schenk (Hrsg.): Erzählen und Erzähltheorie zwischen den Kulturen. Königshausen & Neumann: Würzburg 2014, S. 36–52, hier S. 47.
4 Márai 1990, S. 19.
5 Márai 2000, S. 20 f.
6 Gentrys waren verarmte und landlose Angehörige des Adels, die trotz ihres fehlenden Vermögens an ihrer gesellschaftlichen Position und an ihren Traditionen festhielten und deren einzige Erwerbsquelle der Staatsdienst blieb.
7 Márai 1990, S. 19.
8 Márai 2000, S. 21.
9 Gemeint ist Mikszáths Roman A Noszty fiú esete Tóth Marival, in dem sich der Adel eines ganzen Komitats verschwört, um die Tochter eines reichen Industriellen einem verarmten Gentry-Sohn in die Hände zu spielen. Vgl. Szerb, Antal: Ungarische Literaturgeschichte. II. Band. Übertragung von Josef Gerhard Farkas und Gabrielle Farkas. file:///D:/Temp/szerb_Literaturgeschichte_2.pdf (Abruf am 26. 01. 2021). Der Roman wurde ins Deutsche übersetzt von Andreas Oplatka unter dem Titel: Die Geschichte des jungen Noszty mit der Mari Tóth. Manesse: Zürich 1996.
10 Márai 1990, S. 20.
11 Márai 2000, S. 21.
12 Márai 2000, S. 24 f.
13 Márai 1990, S. 23.
14 Alle Zitate in diesem Absatz: Márai 2000, S. 25.
15 Márai 1990, S. 24.
16 Vgl. Péter B. Kakuszi: Márai Sándor Madách Imréről. http://madach.hu/old/tanulmanyok/SzimpoziumVI/4.htm (Abruf am 14. 10. 2019). Zu Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Familien Madách und Grosschmid (Márai) siehe u. a. das Interview mit Péter Grosschmid, dem Ur-Urenkel von Károly Madách, dem Bruder des Dramatikers Imre Madách. Péter Grosschmids Großmutter, Alice Madách, heiratete 1907 Károly Grosschmid, den Onkel Sándor Márais. Gréczy-Zsoldos, Enikő: Interjú Grosschmid Péterrel. http://epa.niif.hu/03200/03286/00134/pdf/EPA03286_palocfold_2016_1_073-077.pdf (Abruf am 14. 10. 2019).
17 Márai 1990, S. 25.
18 Márai 1990, S. 49.
20 Márai 2000, S. 27.
21 Márai 2000, S. 50.
22 Márai 1990, S. 67.
23 Márai 2000, S. 72.
24 Márai 1990, S. 98.
25 Márai 2000, S. 104.
26 Márai 1990, S. 36.
27 Márai 2000, S. 38.
28 Márai 1990, S. 40.
29 Márai 2000, S. 42.
30 Vgl. Márai 1990, S. 42.
31 Vgl. Márai 1990, S. 100; Márai 2000, S. 105. Hoitsy und Pekár waren um diese Zeit angesehene Journalisten, Abgeordnete und Wissenschaftler.
32 Vgl. Koppenfels 1985, S. 139.
33 László V. Szabó: „Deutschland kam mir bekannt vor…“. Interkulturelles Erzählen bei Sándor Márai. In: Rácz–Schenk 2014, S. 172–182, hier S. 172.
34 Zur Frage von Grenzen, Entgrenzung von Kulturen bei Márai vgl. V. Szabó, bes. S. 176–182.
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