Mit der Erweiterung des Kulturbegriffes hat sich auch die Kulturindustrie vergrößert, der Wunsch der Öffentlichkeit nach den vielfältigen Ausprägungen der Kultur wurde immer markanter. So wie die Wissenschaften hat sich auch die Kultur spezifizert. Die Grundlage dafür bildet also ein komplexer Kulturbegriff, dessen Grenzen sich nach oben (hohe Kultur) und nach unten (Populärkultur) verschoben haben. Kultur wird laut der neuesten Forschung als die Manifestation des Wissens eines Kollektivs oder einer Zeit, also als eine Art semiotisches und rituelles, durch Sprache, Gewohnheiten, Kommunikation und Gegenstände erfassbares Orientierungssystem1 sichtbar. Kultur heißt das einem Kollektiv gemeinsame Wissen, das im Gedächtnis vorliegt, aber aktiviert werden kann und das Denken und Handeln der Mitglieder des Kollektivs prägt. Hofstede, Hall, Waldenfels und andere Wissenschaftler entwickelten bereits berühmt gewordene Modelle, mit deren Hilfe sich Kulturdimensionen und kulturelle Denkmuster charakterisieren lassen. Auf diese Modelle wird jetzt nicht eingegangen, umso wichtiger ist die Erkenntnis, dass Kultur sich nicht nur in außergewöhnlichen Aktivitäten, besonderen Festen, ästhetischen Qualitäten und Sonderleistungen erfassen lässt, sondern auch in den alltäglichen Praktiken der zwischenmenschlichen Beziehungen. Kultur ist daher ein dynamischer und vielseitiger Begriff. Gleichzeitig existiert aber auch die Gegenüberstellung von hoher und populärer Kultur, was voraussetzt, dass es eine ästhetisch und ethisch geprägte Vorstellung von und Anspruch nach wertvoller und qualitativerer Kultur immer noch besteht, wobei sich die Grenzen von Popularität und die Maßstäbe von Qualität in der Marktwirtschaft objektiv schwer deuten lassen. Dazu kommt noch das Vordringen der Postmoderne seit den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, was auf jegliches Urteilen verzichtet. Das bedeutet aber, dass Kultur nicht nachgelassen hat, sondern dass die Individuen in den Gesellschaften segmentierter in diese Kulturdynamik hineinfließen und sich von den Leistungen des Kulturalismus beeinflussen lassen. Der Lebensalltag wird von Kultur, Konsum, Erlebnis und Medien durchdrungen, Kultur kann man zu Hause, aber auch in den gewohnten Veranstaltungen wie Kino, Konzert, Theater usw. genießen. Die Kulturnutzer und -konsumenten bestimmen die Kulturindustrie, sie sind viel aktiver und durch das Internet ist alles in die Nähe platziert worden ist. Der neue, erweiterte Kulturbegriff verzichtet darauf, einzig und allein „Hochkultur“ zu sein, also „einen konstruktiven Dreiklang von Kunst, Religion und Wissenschaft, der den Menschen bildet und zu einem besseren sozialen und/oder moralischen Wesen macht“,2 zu verkörpern. Trotzdem kann man behaupten, dass die älteren Formen der Kultur nicht verdrängt wurden. Sehen wir z. B. das Sortiment einer Buchhandlung, es ist riesengroß, das Programm der Kinos und der Theater ist ebenfalls überfüllt, und neue Anbieter in den Netzwerken, wie Netflix, signalisieren neben Fernsehsendern und Kinos eindeutig die Nachfrage nach Filmen, zwischen deren Qualitäten auch große Differenzen bestehen.