3. Zum kulturgeschichtlichen Hintergrund Kaminers

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Wladimir Kaminer ist ein auf Deutsch schreibender Autor russisch-jüdischer Herkunft, der heutzutage zu den meistgelesenen Autoren Deutschlands gehört. Kaminer gehört zu der sogenannten vierten Welle der Emigration aus Russland in den 1990er Jahren. Die früheren Emigrantenwellen erfolgten aus Enttäuschung über die Entwicklung des Landes und seiner Gesellschaft. Die vierte Auswanderungswelle hängt, politisch-historisch betrachtet, mit der russischen „Perestroika“ zusammen. Die Russen der sogenannten ersten Emigrantenwelle wurden von der Oktoberrevolution aus Russland vertrieben. Von der zweiten Welle spricht man im Zusammenhang mit den Ereignissen um den Zweiten Weltkrieg. Die dritte Welle kam hauptsächlich in den 1970er und 1980er Jahren nach Deutschland (Chiellino, 2000: 169).

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Die vierte Migrantenwelle wurde durch zwei Faktoren gekennzeichnet. Erstens durch die sogenannte „ökonomische Migration“, die aus den Sorgen um die eigene Zukunftserhaltung folgte und zweitens durch den wachsenden Antisemitismus in Russland, der dann letztendlich auch als offizieller Grund für die Aufnahme der Zuwanderer in Deutschland genannt wurde. Die meisten Einwanderer aus Russland und den ehemaligen Sowjetrepubliken waren jüdischer Abstammung und als solchen wurde ihnen die Aufnahme in Deutschland unter dem Status der sogenannten Kontingentflüchtlinge gewährt. Ihre Werke unterscheiden sich jedoch von den Werken der vorangegangenen Emigrantenwellen, und zwar insbesondere dadurch, dass sie Populärliteratur schreiben und ihre Werke „nicht mehr so stark politisiert“ sind (Chiellino, 2000: 170). Sie konzentrieren sich vielmehr auf den „Aufbau ihres neuen Lebens“ (Chiellino, 2000: 170). Diese Tendenz ist bei Kaminers Werken, seinem entspannten Schreibstil auch zu beobachten.

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Kaminer gehört zu denjenigen wenigen Migranten-Autoren, in deren Prosa weder die „Kultur“ bzw. die „Sprache“ des „Ausgangslandes“ noch diejenigen des „Ziellandes“ als fest umrissene, logisch bestimmbare Entitäten auftreten (Polubojarinova, 2006: 3). Polubojarinova bezeichnet Kaminers Existenz als ortlos, weil er „von einem aktuell nicht mehr existenten Land (der Sowjetunion) in einen inzwischen ebenfalls nicht mehr existenten Staat (die DDR) übergesiedelt ist“. So ist die national-kulturelle Spezifik von Kaminer und seiner Helden fast völlig verschwommen. Die ständige Bewegung Kaminers – er reist in Deutschland viel – und seiner Figuren, das Leben im Transit sind Kennzeichen einer bestimmten nomadischen Identität (Polubojarinova, 2006: 4). Kaminer kommt im zeitgenössischen deutschen Literaturkontext eher als „fremd“ vor – einerseits wegen seiner extra pointierten „Migranten-“ („Nomaden-“) Perspektive, andererseits weil er von der literaturgeschichtlichen Tradition des von ihm gebrauchten Sprachmediums isoliert ist. Kaminers Literatur ist zur sogenannten „kleinen Literatur“ zwischen der nur Migrantenliteratur und der großen deutschen Literatur zu positionieren. Polubojarinova hebt in Anlehnung an Deleuze und Guattari drei Merkmale dieser Literatur hervor: 1. Die sprachliche Exterritorialisierung, die sich aus dem Gebrauch des Deutschen ergibt, was aber den Vorteil hat, von einem größeren Publikum verstanden zu werden. 2. „Koppelung des Individuellen ans unmittelbar Politische“, d. h. über „scheinbar“ kleine, private Themen zu schreiben. 3. Die „kollektive Aussageverkettung“ und als Folge davon konstituiert sich eine neue, offenere Gemeinschaftlichkeit (Polubojarinova, 2006: 11). Dieses neue Nomadentum und der Humor erklären Kaminers Popularität unter Deutschen und Nicht-Deutschen. Seine kulturelle Verortung bzw. Nicht-Verortung lässt ihm Zugang zu einem weit verstreuten, auf Deutsch sprechenden Publikum.

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Kaminers Bücher sind mittlerweile zahlreich. Außerdem werden sie auch von ihm selbst vorgetragen, als Hörbuch herausgegeben. Die Motivation zum Schreiben hat laut eigener Aussage des Autors eher beiläufigen Charakter, er schreibe aus Spaß. Es sei seine Art, mit dem Leben klarzukommen (Kalinowski, 2000). Mitunter besitzt es für ihn aber auch eine Fluchtfunktion vor der Realität: „Literatur ist eine Lebensform, in der man sich verstecken und für kurze Zeit leben kann. Sozusagen ein Ausgleich zum realen Leben“ (Schnellbach, 2005). Kaminer ist nachgefragter Gesprächspartner, er ist außerordentlich aktiv, fleißig, er schenkt seinen Lesern viel Beachtung, indem er mit den Lesungen seiner Bücher und Vorträgen in verschiedenen Clubs, Theatern, Buchläden, Kulturhäusern, Filialen des Goethe-Instituts im Ausland, auf den Buchmessen auftritt. Er ist auch als Kolumnist tätig, gibt sehr viele Interviews. Früher hatte er auch seine eigene Sendung beim Sender Freies Berlin 4 Radio Multikulti. Heute betreibt Wladimir Kaminer außerdem seine eigene Webseite (www.wladimirkaminer.de), wo er seine Anhänger und Leser ausführlich über alles um ihn herum regelmäßig informiert.
 
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