Tóth József (szerk.): Nyelv, kultúra, megértés: új kutatási módszerek a humán tudományok területén
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3. Irodalom, kultúra és társadalmi diskurzusok
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Interkulturelle Aspekte des Komischen in Texten Wladimir Kaminers. Intercultural aspects of humor in the texts of Wladimir Kaminer • Anikó Zsigmond
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4. Fremdes und Eigenes als Basis von Interkulturellem und Komischem im Kontext von Kaminers Schaffen
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4.1. Humor in Büchern

4.1. Humor in Büchern

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Die narrative Identität in Kaminers Büchern ist immer ein beobachtendes Ich, das von außen die Welt, die Ereignisse, die Menschen beobachtet und reflektiert. Diese Außenposition bringt ihn in eine Distanz zum Erzählten, so kann er über das Erzählte unterschiedlich resümieren. Aus dieser Beobachterposition her gelangt er in die Position des Amüsierenden und des Unterhaltenden. Kaminers Humor ist mild und menschlich, ohne in Sarkasmus zu verfallen. Der Autor spottet auch über sich selbst: Er sieht sich zwar zur russisch-sowjetischen Kultur angehörig, die sich aber schon längst aufgelöst hat. Er macht Witze über jeden, unabhängig von Nationalität, sozialer Schicht oder Religion. Er versucht auf eine freundliche Art und Weise, den Leser aufzuheitern, ihm ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.

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In seinen Büchern kann man immer die Liebe und den Respekt für sein erlebtes, ehemaliges Russland und seine Landsleute spüren. Er sagt oft, dass er der gewöhnlichste Vertreter seiner Zeit ist: Er wuchs in der sowjetischen Kulturtradition auf und trägt sie immer noch mit sich. Wenn der Autor jedoch Kritik an der russischen Kultur und den Sitten sowie an der Einstellung zu Deutschland übt, dann macht er dies auf eine humorvolle Weise. Hier wird z. B. eine typische Situation eines Stromausfalls von den Bewohnern Berlins als Naturkatastrophe wahrgenommen, was natürlich nicht ohne subtile Ironie gegenüber der Konsumgesellschaft ist.
 

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Ich war gerade nicht zu Hause, als bei uns plötzlich der Strom ausfiel. Die Versorgungspanne betraf nicht nur unser Haus, sondern den ganzen Prenzlauer Berg. Eine Stunde lang war der Bezirk infolge eines Kurzschlusses ohne Strom. Es war fast wie eine richtige Naturkatastrophe – EC-Karten kamen nicht mehr aus den Geldautomaten heraus, Filmaufführungen wurden abgebrochen, Ampeln waren außer Betrieb und sogar die Straßenbahnen blieben stehen. (R: S. 28)
 

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Das Komische beruht darauf, dass gerade der Stromausfall als eine Naturkatastrophe angesehen wird, obwohl Strom als Folge kultureller Leistung der Menschheit gilt, Strom ist also etwas Kulturelles und nicht Natürliches. Diese Diskrepanz spielt der Erzähler aus, übertreibt die Folgen dieser Panne, wobei gerade der natürliche Zustand der Welt ohne Strom wiederhergestellt wurde, und macht sich über die menschliche Schwäche lustig, indem er den Rezipienten mit seiner Unbeholfenheit ohne Strom durch Bilder konfrontiert, die eine Apokalypse vermittelt. In Wirklichkeit sind es lauter alltägliche banale Pannen. Das Moment, dass der Erzähler betont, nicht zu Hause gewesen zu sein, betont seine Distanz zum Geschehen.

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Auf humorvolle Weise erzählt der Autor zum Beispiel von den in Berlin assimilierten Russen, die den deutschen Ärzten nicht trauen, weil sie die russische Sprache nicht beherrschen und nicht in der Lage sind, mit ihren Patienten zu sympathisieren. Der Autor kontrastiert die hochwertige Arbeit der deutschen Ärzte mit der Arbeit der russischen Ärzte, bei der die persönliche Beziehung zwischen Patienten und Arzt im Mittelpunkt steht.
 

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Die in Berlin lebenden Russen trauen deutschen Ärzten nicht. Sie sind zu selbstsicher, wissen immer Bescheid, noch bevor der Patient ihre Praxis betritt, und für alle Krankheiten der Welt haben sie sofort die richtige Medizin auf Lager, für alle Probleme des Patienten eine Lösung. Das geht doch nicht! Ein Arzt, der den Russen genehm ist, muss die Furcht des Patienten vor seiner Krankheit teilen, ihn trösten, ihm Tag und Nacht beistehen, sich alle Geschichten über seine Frauen, Kinder, Freunde und Eltern anhören und mit der Diagnose, die sich der 52. Kranke selbst stellt, möglichst einverstanden sein. Ganz wichtig ist auch: Er muss gut Russisch können, sonst kann er die Tiefe des Leidens nicht nachvollziehen. (R: S. 127)
 

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Diese Behandlungsmethode mag auf kulturellen Differenzen beruhen. Die deutsche Medizin und Behandlung scheint viel vernünftiger und logischer zu sein, sie beruht auf akademischem Wissen der Naturwissenschaften, während die russische Medizin auf Kommunikation und Empathie beruht. Die zwei Erfahrungen werden kontrastiert, zur deutschen Praxis mit dem Aufruf in der Mitte des Absatzes wird Distanz aufgebaut. Die dargestellte andere Alternative der mitfühlenden russischen medizinischen Praxis erscheint als komisch, besonders das Bild des besserwissenden russischen Kranken. Das Überraschungsmoment erfolgt im letzten Satz: die russische Sprachkenntnis ist unerlässlich, nicht weil dadurch die Krankheit geheilt werden soll, sondern um die russische Seele zu verstehen. Insofern wird der Begriff Krankheit dekonstruiert, das Normale als Komisch aufgefasst und Lachen erweckt.

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In der Erzählung „Geschenke aus der DDR“ aus der Sammlung Russendisko erinnert sich der Autor an eine Episode aus seiner Kindheit, wo er und seine Eltern die Fernsehsendung „Das internationale Panorama“ sahen, die vom Leben im Westen erzählte.
 

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Meine Eltern und ich lebten lange Zeit hinter dem Eisernen Vorhang. Die einzige Verbindung zum westlichen Ausland war die Fernsehsendung „Das internationale Panorama“, die jeden Sonntag im ersten Programm gleich nach der „Stunde der Landwirtschaft“ kam. Der Moderator, ein übergewichtiger und immer etwas gestresster Politologe, war schon seit Jahren in einer wichtigen Mission unterwegs: meinen Eltern und Millionen anderer Eltern den Rest der Welt zu erklären. Jede Woche bemühte er sich, alle Widersprüche des Kapitalismus in vollem Ausmaß auf dem Bildschirm zu zeigen. Doch der Mann war so dick, dass das ganze Ausland hinter ihm kaum zu sehen war. (R: S. 13)
 

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Es handelt sich um eine gewöhnliche Erfahrung aus der Sowjet-Zeit. Womöglich war die Zeit damals auch voller Dissonanzen. Diese Dissonanz ist der Widerspruch zwischen Gesagtem und Gemeintem in der sozialpolitischen Sphäre. Das Fernsehen diente zur Propaganda und aus heutiger Sicht wissen schon alle, dass das im Fernsehen Vermittelte nichts mit der Wahrheit zu tun hatte. Dass der Kapitalismus Widersprüche hatte, scheint sowohl dem damaligen Zuschauer als auch dem heutigen Leser durch die Vermittlung des Erzählers am wenigsten glaubwürdig zu sein. Der Erzähler verstärkt diese Diskrepanz zwischen Wahrheit und Propaganda noch mit dem Wortspiel „in vollem Ausmaß“. Die Widersprüche des Kapitalismus lassen sich nicht erfassen, weil der übergewichtige Moderator die ganze Landkarte mit seinem Körper auf dem Bildschirm verdeckt. Diese Pointe mit der Konjunktion „doch“ hat selbst nach dem kontinuierlichen Aufbau der Spannung einen richtigen Überraschungseffekt und bringt den Leser zum Lachen. Beim Lachen erkennt der Leser diesen Gegensatz von Wirklichkeit und Lüge.

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Bei Kaminer erscheint der Humor oft im Wortspiel, indem er Gegensätze aufeinander bezieht, wie im folgenden Zitat mit dem Spiel von illegal und legal. „Er ging zum ‚Chirurgen‘, einem illegalen russischen Arzt, der in seiner illegalen Praxis illegale Patienten von legalen Krankheiten heilt“ (R: S. 67).
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